Gründungserklärung

QINT*essenz – Gründungserklärung

+++„Ob flauschig oder militant, wichtig ist der Widerstand!“ – Gründungserklärung eines anarch-queeren Kollektivs+++

Begriffs-Glossar am Ende des Textes

[Triggerwarnung: Nennung von queerfeindlichem Verhalten und diskriminierenden Situationen; Nennung von Situationen, die Disphorie auslösen können]

Prolog

Offen, tolerant, solidarisch… um diese Begriffe zu finden, muss mensch in der linken Szene und bei linken Veranstaltungen nicht lange suchen. Awareness-Teams sind akzeptiert und Menschen werden nicht aufgrund ihrer S*xualität oder ihres Genders/ Geschlechts diskriminiert. So schön könnte die linksradikale Welt sein. Doch die Realität liegt sehr häufig weit daneben! Bei linken Veranstaltungen gibt es zu Hauf Mackertum, S*xismus, Queerfeindlichkeit und Großstadt-Antifa-Typen, die Schutz machen und meinen, dass natürlich nur sie das richtig könnten. Gerade diese Einstellung verhindert Kritikfähigkeit und das Verlernen von verinnerlichten Herrschaftsstrukturen.

Gesellschaftliche Stereotype und Vorurteile, die mensch eigentlich überwinden möchte, treten immer wieder vor, gleichzeitig wird der Awareness vorgeworfen, überflüssig zu sein, die binäre Geschlechtereinteilung wird zementiert und vieles mehr.

Wir sehen leider, wie in linksradikalen Gruppen der letzten Jahre ein queerfeindliches, antifeministisches und autoritäres Gedankengut praktiziert und gerade zu verteidigt wird. Dies steht auch im Kontext einer Entwicklung hin zu autoritären Gedanken, welche grundsätzlich die eingenen Positionen überhöhen, eigene Privilegien unsichtbar machen und somit Minderheiten diskriminieren.

So ist die Gründung eines anarch-queeren Kollektivs eine konkrete Folge dieser vehementen Reproduktion von Patriarchat und seinen liberalen und autoritären Ideologien innerhalb und außerhalb von linksradikalen Bewegungen.

Doch uns geht es absolut nicht darum, zu einem Rundumschlag gegen die linksradikale Szene auszuholen, wir sind Teil jener und verstehen diesen Artikel als Sammlung von Erfahrungen, von uns selber als queeren Menschen in linksradikalen Gruppen/Kontexten.

Unsere Erfahrungsberichte schließen wir mit konkreten Vorschlägen und Aufforderungen, mit denen die angesprochenen Missstände beseitigt werden können. Zu einer radikalen, militanten Praxis gehört die Selbstkritik und -reflektion. Klickt daher nicht einfach diesen Artikel weg. Wir wollen ermutigen, eine  widerspenstige Persönlichkeit aufzubauen, was das Erkennen und bewusste Verlernen von liberalen und autoritärem Gedankengut erfordert. Liberalismus und Autoritäten kennen nur ausgewählte Lebensrealitäten. Uns ist klar, dass das Lernen und Einschliessen von allen Lebensrealitäten notwendig ist – für eine linksradikale Bewegung. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen Respekt erfahren, egal ob in Aktionen, auf Veranstaltungen, in Plena, usw., und sie nicht diskriminiert werden. Überlegt also, was auch ihr in euer Bezugsgruppe, auf eurer nächsten Veranstaltung oder eurem nächsten Plenum besser machen könnt.

Materialistische Kritik

Zu Beginn liefern wir eine kleine Einführung in queer-feministische, materialistische Kapitalismuskritik. Wir sind der Überzeugung, dass in vielen Teilen der linksradikalen Szene schlicht und ergreifend das Wissen über queere Thematiken fehlt, oder die falsche Auffassung vorherrscht, queere Kämpfe seien inhärent liberal. Deshalb möchten wir erklären, warum und wie queere Lebensweisen und feministiche Überzeugungen mit dem Kapitalismus und mit der daraus resultierenden gesellschaftlichen Struktur, zusammenhängen.

Der Kapitalismus lebt von der Ideologie eines binären Geschlechtersystems, Hetero-S*xualität und Hetero-Romantik. Diese Ideologie ist in dem Begriff Cis-Hetero-Normativität zusammengefasst. Mit diesen Konstrukten wird eine Kernfamilie erzeugt, bestehend aus einer erwerbstätigen Person (cis-Mann) und einer reproduzierenden Person (cis-Frau). Die für den Erhalt der Produktionsarbeit nötige Reproduktionsarbeit wird so im kapitalistischen System aus dem Vorgang der Wertschöpfung ausgelagert.

Queere Lebensrealitäten stehen dem entgegen. Die Auflösung von „Geschlecht“ und „Anziehungen“ und damit von Teilen der kapitalistischen Reproduktionsarbeit, führt zur Auflösung der Kernfamilie selbst.

Kollektives Zusammenleben ist somit queere Praxis – und eine direkte Reaktion auf staatliche Repressionen, wie die queere Geschichte zeigt. Diese Kollektivierung von Reproduktionsarbeit steht dem Kapitalismus entgegen. Dieser möchte Individualisierung und Isolierung mittels der Kernfamilie propagieren.

Cis-Hetero-Normativität in der linksradikalen Szene ist Reproduktion des Liberalismus, da die Kollektivierung der Reproduktionsverhältnisse und allen anderen Lebensbereichen ausserhalb der Produktion durch Queerfeindlichkeit verhindert wird.

So werden auch bereits bestehende kollektive Reproduktionsformen durch cis-hetero-normative Ideologien zerstört. Dies ist Praxis in der Kolonialisierung und der Liberalisierung queerer Kämpfe. Es gilt also sich überall cis-hetero-normativer Ideologien entgegenzustellen und sie insbesonderer in der linksradikalen Szene zu suchen, kritisieren und schlussendlich zu zerschlagen.

Mackertum

Wer leitet ein Treffen? Wer macht den Pressekontakt? Wer hält eine Rede? Wer macht Schutz?

Auch wenn gerne betont wird, dass dies auch von FLINT* Personen gemacht werden könne, drängen sich cis-Männer erfahrungsgemäß immer wieder vor. Manche cis-Männer geben gerne damit an, was sie so geleistet haben, diese Aussagen erzeugen ein „schaut her wie krass ich bin!“, was einfach nur ein Profilieren der eigenen sozialen Stellung und vermeintlichen Autorität ist – Mackertum. Auch aus Repressionsgründen nicht gerade schlau! Aus einem Bedürfnis heraus, sich selbst zu erhöhen, werden Strukturen gefährdet, denn es geht niemensch was an, was ihr wann, wo und mit wem gemacht habt! Aus dieser Status-Versiertheit wird zudem marginalisierten Personen der Raum genommen. Die Randstellung in der liberalen Gesellschaft wird in linksradikalen Kreisen reproduziert – eine Aufrechterhaltung von unfreien Zuständen.

Dies ist die Ausübung von Herrschaft und das müssen wir uns vor Augen halten. Macht, Herrschaft, äußert sich gegenüber verschiedenen Personengruppen naturgemäß verschieden. Nur eine vollwertige, alle Lebensrealitäten betrachtende Sichtweise und Praxis kann zu einer emanzipatorischen Politik und somit zu einer schlussendlich befreiten Gesellschaft führen.

Es gilt auch FLINT* Personen zu Selbstkritik zu bewegen, die ihrer marginalisierten Sozialisation folgend, vor der Übernahme von Aufgaben zurückschrecken. Hier muss die Gefahr einer übermäßigen Verantwortungs-Zuschiebung beachtet werden, die dazu genutzt werden kann, um Kritik an cis-Männern zu umgehen. Die Kritik an patriarchalen Verhalten seitens von FLINT* Personen erfolgt daher effektiver von anderen FLINT* Personen oder persönlich nahestehenden Personen.

Ein emanzipatorischer Ansatz ist es, dass gerade Personen mit geringer Sichtbarkeit und mit geringem sozialen Kapital Aufgaben übernehmen und ihren spezifischen Erfahrungen Beachtung und Raum zu widmen. Ohne die bewusste Wahrnehmung von FLINT* Personen halten normative diskriminierende Verhältnisse, welche in sich liberales und autoritäres Gedankengut sind, Einzug in unsere Strukturen.

Der Klassenkampf findet auch uns selbst gegenüber statt!

Keine Macht für niemensch!

Die Toilettenfrage

Auch in linksradikalen Räumen, seien es Kulturzentren, linken Infoläden oder auch Autonomen Zentren, herrscht häufig eine binäre Einteilung der Toiletten. D.h. es wird in „männlich“ und „weiblich“ eingeteilt, was nicht nur gegen jede Realität geht (so gibt es mehr als zwei Geschlechter), sondern auch für QINT*-Personen extrem schwierig ist. Menschen von uns haben schon so Sachen wie: „da drüben, da findest du das richtige Klo“ gehört, als sie aus dem vermeintlich „falschen“ heraus kamen. Dies ist nicht nur extrem verletzend, entwürdigend und kann dazu führen, dass Menschen diesen Räumen dann vollständig fern bleiben, sondern zeigt auch, dass der emanzipatorische Anspruch, den sich viele Linke gerne selber geben, nicht erfüllt wird und offenbar Viele durch bürgerliche Maßstäbe geprägt sind.

Es ist notwendig, dieses Verhalten kritisch zu reflektieren, anstatt Menschen die Mündigkeit abzusprechen, für sich eine Toilette zu wählen. Da dieser Bruch mit dem oben genannten emanzipatorischen Anspruch in vielen Fällen auf Unwissenheit beruht, ist es notwendig, hier queere Sichtweisen einzuholen und bewusst in die Gestaltung von Räumen mit einzubeziehen.

Einige der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten stellen wir hier vor:

1. Eine FLINT* Toilette, welche einen Schutzraum für FLINT* Menschen darstellt und eine „Toilette für Alle“. Hierbei ist es wie immer wichtig, dass nur eine Person selbst sagen kann, wie sie sich definiert und sonst niemensch! Egal wie ihr eine Person lest,ihr habt nicht das Recht, dieser Person ihre Identität abzusprechen. Bereits ein Ansprechen darauf, als was die Person sich identifiziert, kann verletztend sein! Überprüfen zu wollen, als was die Person sich identifiziert, ist ein Angriff auf ihre Autonomie und schlicht und einfach demütigend!

2. Die Möglichkeit 1. um eine dritte Toilette für Männer* erweitert, damit die „Toilette für Alle“ einen Schutzraum für Alle nicht-Cis-Männer darstellt, die aber sich auch nicht mit dem FLINT*-Begriff identifizieren, so z.B. Menschen, die sagen „ich bin queer und lasse mich in keine Kategorie einteilen“.

3. Eine „Toilette für Alle“ und keine weitere. Dies wäre natürlich die optimale Lösung in einer vollständig befreiten Gesellschaft oder an jeder Stelle, wo Toilettenkabinen direkt vom „öffentlichen“ Raum abzweigen/zugänglich sind. Da wir aber bekanntermaßen nicht in einer solchen befreiten Gesellschaft leben, und bei uns s*xualisierte Gewalt leider immer noch alltäglich ist, raten wir hierzu nur in einem sehr aufgeklärten und bewussten Umfeld, welches davor unter Einbindung aller die Frage diskutiert hat und Awareness/etc-Strukturen aufweist, um Grenzüberschreitungen zu thematisieren. Eine solche Awareness für patriarchale/queerfeindliche Gewalt können wir leider noch nicht in linksradikalen Räumen voraussetzen. Die Etablierung einer genderfreien Toilette ist eine Möglichkeit, emanzipatorische Auseinandersetzungen zu beginnen.

4. Häufig sind gerade zum Beispiel bei Großveranstaltungen wie z.B. Konzerten oder Festivals viele Toiletten vorhanden. Hier bietet sich die Möglichkeit, dies zu nutzen, indem es vier verschieden bezeichnete Toiletten gibt: Männer*, Frauen*, TI* und „für Alle“ Dies bietet den Vorteil, für alle Gruppen „safe spaces“ und dennoch gut zugängliche Toiletten für alle zu haben. Dass es bereits viele Toiletten gibt, entkräftet auch das Argument, es bräuchte für diese Lösung „zu“ viele Toiletten.

5. Häufig braucht es bei großen (mehrtägigen Veranstaltungen) auch Duschen. Hier gibt es ebenfalls alle Möglichkeiten, welche bei 1.-4. genannt wurden. Allerdings ist es gerade hier wichtig, dass es auch einzelene Duschkabinen oder Duschampeln gibt, da Duschen bei QINT*-Personen häufig Disphorie auslöst.

Oberkörperfreie cis-Männer

Es ist ein extremes Privileg von cis-Männern, ihr T-Shirt auszuziehen, wenn es ihnen warm ist, ohne dabei begafft und zum S*xobjekt degradiert zu werden oder Disphorie zu bekommen. Wir sagen nicht, dass es damit grundsätzlich verboten sein sollte, ein T-Shirt auszuziehen, als emanzipatorische Wesen lehnen wir sowieso jede Art des Verbotes ab.

Also ruhig Blut Jungs – lest erstmal weiter.

Es geht darum, dass viele cis-Männer ein enormes Privileg ausüben, bestehende normative Geschlechtshierachien demonstrieren und kein Bewusstsein dafür haben. Diese und weitere Körperfreiheiten haben andere Personengruppen aufgrund der cis-hetero-normativen Geschlechterrollen nicht. Wenn das Ausziehen des Oberteils praktiziert wird, muss dies im Konsens der Gruppe und diskriminierungsfrei geschehen.

Wenn sich Menschen durch freie Oberkörper gestört fühlen, dann muss das T-Shirt halt einfach mal anbleiben. Auch ist es bei größeren Veranstaltungen möglich, Bereiche einzurichten, z.B. eine Liegewiese, auf welcher es ausdrücklich allen Geschlechtern erlaubt ist, oberkörperfrei abzuhängen und auf grenzüberschreitendes Verhalten konsequent reagiert wird, sodass ein tatsächlich diskriminierungsfreier Raum entsteht. Hierbei sei nochmal die Wichtigkeit von Awareness-Teams genannt. Denn wir meinen mit der Formulierung „reagiert wird“ natürlich keine Strafe, wir lehnen jede Art von Bestrafung als autoritär ab, sondern vielmehr eine emanzipatorische Vermittlung durch Awareness-Teams.

Nach der Revolution“

Ein wichtiger Faktor, weshalb die Anliegen von FLINT*-Personen nicht ernst genommen werden, ist die Einstellung, dass diese Anliegen vermeintlich „zusätzliche“ Arbeit bedeuten. Also die Annahme, es handle sich um getrennte Kämpfe. Alle Kräfte würden zur Überwindung der herrschenden kapitalistischen Zustände gebraucht, wobei tatsächlich der Kapitalismus vom Patriarchat mitgetragen wird. Es wird nicht selten behauptet, dass Sachen wie Abschaffung des Patriarchats oder Abschaffung QINT*-feindlicher Zustände, bis „nach der Revolution“ Zeit hätten, bzw. mit jener automatisch einträten. Dazu sagen wir: weit gefehlt!

Aus lauter Sorge aktive Aktivistis und „das Proletariat“ zu vergraulen, wird auf Diskurs über Sexismus, Rassismus, Ableismus und weitere Diskriminierungen, verzichtet. Diese bevormundende Haltung drückt aus, die Idee eines homogenen Proletariats ist die eines unreflektierten, menschenfeindlichen, egozentrischen, verkümmerten Pöpels, welcher von Kadern gesteuert werde und von dem keine Solidarität erwartet werden kann – oder gar darf. Diese Sicht lehnen wir massiv ab – es gibt nicht „das eine“ Proletariat und proletische Menschen sind sehr wohl zu Solidarität und Selbstkritik fähig. Auch betonen wir hiermit energisch die offensichtliche Tatsache, dass proletisch sein und queer sein sich nicht entgegen steht. Sich gegen einen queeren Diskurs zu wehren, bedeutet immer auch gegen proletische Menschen zu arbeiten.

Anstatt also das schwammige Konstrukt von „dem einen Proletariat“ vor zu schieben, warnen wir euch, welche Menschen ihr in eure Strukturen einladet. Wenn ihr euch bemüht einen „safe space“ für engstirnige Macker aufzubauen, werdet ihr auch solche Menschen um euch scharen und gleichzeitig marginalisierte Menschen vergraulen. Eure Freiräume werden gefährliche Zonen für Menschen die bereits wenig Raum im Kapitalismus haben. Eure Strukturen werden gefährdet und übernommen von den aktiven Status-versierten Aktivistis.

Und auch „nach der Revolution“ wird das Gedankengut vorherrschen, dass gepflegt und gelebt wurde. Es ist eine Illusion, dass Menschen die jetzt nicht den queeren Befreiungskampf beachten, sich sogar dagegen aussprechen, dann nach der Revolution völlig anders zu uns stehen. Diese Illusion ist auf ein liberales und autoritäres Verständnis von Diskriminierung zurückzuführen. In diesem wird Diskriminierung als Charakterschwäche angesehen, welche nur zwischenmenschlich stattfindet und auf Individueen gerichtet ist. Wie in unserer materialistischen Kritik zu Beginn kurz aufgeführt, hat Diskriminierung System. Es ist der ideologische Arm des Kapitalismus, der unsere gesellschaftliche Weltsicht, Interaktionen und Moral ordnet und Ausbeutung durch Rechtfertigung ermöglicht. Da der Kapitalismus auf die Rechtfertigung seiner eigenen Verhältnisse angewiesen ist, kann er nicht überwunden werden, ohne auch parallel zum materiellen Kampf seine Ideologien zu überwinden.

Allen Menschen, die argumentieren, dass es nach der Revolution doch reiche, nach diskriminierten Gruppen zu schauen, müssen wir die Gegenfrage stellen, warum nicht einfach machen und nach der Revolution schauen, ob es schadet. Dann wurde auf dem Weg dort hin immerhin keine Gruppe diskriminiert. Für diejenigen, die immernoch „argumentieren“ all diese performativen Veränderungen könnten nach der Revolution noch stattfinden und diskutiert werden: lasst uns einfach jetzt queeroffene Räume schaffen und dann nach der Revolution schauen, ob das geschadet hat! So werden auf dem Weg dorthin weniger Menschen diskriminiert, welche dann um so motivierter sind sich der Revolution anzuschließen.

Leider lehrt uns unsere Geschichte, dass Menschen die Dynamiken und Entwicklungen vieler Revolutionen kritisierten, oder einfach nicht in das Bild der Revolutionär*innen passten, als „Konterrevolutionär*innen“ weggesperrt (so z.B. homos*xuelle Männer* auf Kuba), wenn nicht gar gefolert und ermordet wurden. Hier zeigt sich, dass diskriminiernde Strukturen, die also autoritär bedingt sind und vor der Revolution nicht zerschlagen wurden, sich in teilweise viel heftigerer Form nach der Revolution, niederschlagen. Solche Entwicklungen gilt es durch ein Bewusstsein und ein konkretes Arbeiten gegen Diskriminierung schon im Vorhinein zu verhindern. Denn Klassenkampf heißt immer auch Empathie zu haben und sich für die Belange anderer diskriminirter Gruppen zu intressieren, auch wenn mensch nicht zu diesen gehört. Das ist nichts anderes als Solidarität!

So gilt es, Utopien zu leben und eben genannte Zustände direkt bei sich selbst zu bekämpfen, egal ob in der Bezugsgruppe, im eigenen Zentrum oder auch im privaten Freund*innenkreis. FLINT*-Feindlichkeit  darf nirgendwo Platz haben. Und ohne ein konsequentes Vorgehen gegen diese Art der Diskriminierung und Ausgrenzung werden wir uns nie emanzipieren können und die herrschenden Verhältnisse überwinden. Kapital, Faschismus, Patriarchat, binäres, liberales, autoritäres Denken, QINT*-Feindlichkeit und Menschenhass gehen Hand in Hand. Lasst uns hier und jetzt beginnen. Denn jede Handlung gegen die herrschenden Verhältnisse ist Teil der Revolution!

Epilog

Wir haben nun viele Punkte aus unserem direkten Alltag aufgezählt, an welchen wir innerhalb der linksradikalen Szene auf liberale, geradezu konservative und autoritäre, Reaktionen treffen. Es ist nicht verhandelbar, im Hier und Jetzt Diskriminerung zu bekämpfen. Der Kampf um Befreiung muss immer verbunden sein mit einer emanzipatorischen, antikapitalistischen, antiautoritären und revolutionären Praxis. Denn nur durch die Überwindung der herrschenden Verhältnisse, materielle wie auch ideologische, können wir eine wirklich befreite, antis*xistische und diskiminierungsfreie Welt erreichen. Wir als queere Anarchist*innen sehen unsere Aufgabe darin, genau jene Missstände zu bennen und an einer konkreten Veränderung der herrschenden kapitalistischen und politischen Verhältnisse, aus queerer Sicht zu arbeiten.

Gegen Staat, Nation und Kapital, für die queere Befreiung – radikal!

Erklärungen/ Glossar

Wir streben eine diskriminierungsfreie/-arme und geschlechtsneutrale Sprache an, welche wir versuchen in unsereren Texten zu verwenden.

An stelle von „man“ setzen wir „mensch“, auch sprechen wir von FLINT* (Frauen*, Lesben, Inter, Nicht-binär und Trans*) also allen nicht-cis-Männern und wenn wir spezifisch von queeren Menschen sprechen, von QINT* (Queer, Inter, Nicht-binär, Trans*). Um nicht zu triggern setzten wir an machen Stellen Sternchen z.B. bei S*x, da dies typische Wörter sind, die Personen an traumatische Erfahrungen erinnern können, oder aus anderen Gründen triggern könnten. Ebenso hinter „Männer*“ und „Frauen*“ um klar zu stellen, dass es sich bei diesen Begriffen um Spektren und nicht um fest definierte Begriffe, bzw. gesellschaftlich geprägte Kategorien, handelt.

Hier noch eine kleine Zusammenfassung in Kurzform:

1. Gendern – die Verwendung von Geschlechtsneutralen/r Begriffen/Sprache so zum Beispiel: Gefährt*innen, Genoss*innen, Aktvisitis, Studierende usw. (GenossInnen gehört nicht dazu, da die Formulierung die binären Geschlechter meint, daher nicht neutral ist)

2. „mensch“ statt „man“ – „man“ wird gedanklich mit „Mann“ assoziiert, wodurch die patriarchale Überrepräsentation von Männern im Sozialraum gefördert wird.

3. FLINT* – Frauen*, Lesben, Inter, Nicht-binär und Trans*

4. QINT* – (Queer, Inter, Nicht-binär, Trans*) Durch explizite Benennung der nicht normativen Geschlechter, erhalten diese Aufmerksamkeit, da häufig der Themenkomplex queer fälschlicherweiße lediglich auf die S*xualität beschränkt wird.

5. Die Verwendung von Sternchen – in einer geschlechtsneutralen Sprache, bei triggernden Begriffen und bei „Männer*“ und „Frauen*“ zur Öffnung dieser statischen Begriffe zu Spektren.

6. Disphorie, auch Disphoria – psychosomatisches Leid, verursacht durch eine aufgezwungene geschlechtliche Zuweisung, welche akut geschieht oder verinnerlicht und erneut bewusst gemacht wurde.

Natürlich freuen wir uns, wenn ihr diese Punkte auch in eigenen Veröffentlichungen verwendet, bzw. beachtet, um eine diskriminierungsfreie/-ärmere Sprache weiterzuverbreiten und dafür zu sorgt, dass eure Veröffentlichungen niemenschen triggern.

Mehr von uns findet ihr (vor allem zukünftig) aus unserer Website: https://qintessenz.noblogs.org/

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